Eine Person übergibt einen Mahnbescheid.
Finanzen

Inkassounternehmen

Gläubiger:innen können Forderungen an Schuldner:innen entweder selbst eintreiben oder ein Inkassounternehmen mit der Eintreibung beauftragen. Im letzteren Fall ist es erforderlich, dass das Inkassounternehmen diejenigen Informationen erhält, die die Forderung begründen und die einen Einzug durch das Inkassounternehmen erlauben.

Datenweitergabe von Gläubiger:innen an Inkassounternehmen

Wird ein Inkassounternehmen beauftragt, ist die Übermittlung der zur Einziehung der Forderung erforderlichen personenbezogenen Daten auf Basis von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zulässig, soweit die Forderung auf einem Vertrag zwischen Gläubiger:in und Schuldner:in beruht. Außerdem kommt als Rechtsgrundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten an ein Inkassounternehmen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO in Betracht. Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen der Verantwortlichen oder Dritter erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen. Das berechtigte Interesse des übermittelnden Unternehmens besteht darin, dass die offene Forderung durch die Schuldner:innen beglichen wird.

Wer der Ansicht ist, Inhaber:in einer nicht beglichenen Forderung zu sein, ist nach sorgfältiger Prüfung folglich grundsätzlich berechtigt, die Daten der betroffenen Person an ein Inkassounternehmen weiterzugeben, soweit diese zur Forderungseinziehung erforderlich sind. Hierbei ist in der Regel nicht davon auszugehen, dass Interessen oder Grundrechte bzw. Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen.

Dies gilt grundsätzlich auch in denjenigen Fällen, in denen das Bestehen bzw. die Höhe der geltend gemachten Forderung durch die betroffenen Personen bestritten wird. In diesen Fällen liegt regelmäßig zumindest ein berechtigtes Interesse daran vor, die Berechtigung der vermeintlichen Forderung festzustellen. Ein solches berechtigtes Interesse fehlt selbstverständlich, wenn der übermittelnden Stelle bekannt ist, dass von vornherein keine Forderung bestand, etwa weil eine Forderung aus einer sogenannten Abo-Falle geltend gemacht wird.

Dazwischen liegen die Fälle, in denen der übermittelnden Stelle bei sorgfältiger Prüfung bekannt sein könnte, dass voraussichtlich keine Forderung besteht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die betroffene Person der übermittelnden Stelle mitgeteilt hat, es liege ein Identitätsdiebstahl vor. Hier hängt das Ergebnis der durchzuführenden Interessenabwägung von den Umständen des Einzelfalls ab. Besondere Bedeutung kommt dabei der von der übermittelnden Stelle durchzuführenden Vorprüfung zu. Diese muss besonders genau erfolgen, wenn ein Identitätsdiebstahl im Raum steht. Spiegelbildlich kommt auch den Inkassounternehmen ihrerseits die Pflicht zu, eine Vorprüfung vor Annahme einer Forderung durchzuführen.

Datenerhebung der Inkassounternehmen über Auskunfteien

Sollten einzelne zur Einziehung der Forderung erforderliche Daten dem Inkassounternehmen nicht (in aktueller Form) vorliegen, können Inkassounternehmen diese ebenfalls auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO durch Anfrage bei Auskunfteien erheben. Dies kann etwa bei einem Wechsel der Anschrift der betroffenen Person der Fall sein. Grundsätzlich gilt hier allerdings, dass die personenbezogenen Daten, die verarbeitet werden, sachlich richtig sein müssen. Hieraus folgt die Verpflichtung jeder verantwortlichen Stelle bzw. jedes Inkassounternehmens, durch geeignete organisatorische und technische Verfahren sicherzustellen, dass Identitätsverwechslungen ausgeschlossen sind. Informationen aus Auskünften mit einem Identitätsvorbehalt dürfen niemals ohne sorgfältige Prüfung im Einzelfall weiterverwendet werden.

Übermittlung der Daten von Schuldner:innen an Auskunfteien

Die Befugnis von Inkassounternehmen, Daten von Schuldner:innen an Wirtschaftsauskunfteien – wie beispielsweise die Schufa – zu übermitteln, richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f sowie Art. 6 Abs. 4 DSGVO, welcher die Voraussetzungen der Verarbeitung personenbezogener Daten zu einem anderen Zweck als zu dem ursprünglich verfolgten regelt. Ein Einverständnis der betroffenen Personen ist hierfür nicht erforderlich.

Eine Übermittlung personenbezogener Daten an eine andere Stelle bzw. zu einem anderen Zweck ist möglich, soweit diese für die Wahrnehmung eines berechtigten Interesses der übermittelnden Stelle, der Empfänger:innen der Daten oder von Dritten erforderlich ist. Die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person dürfen dabei diesem berechtigten Interesse gegenüber nicht überwiegen. Darüber hinaus muss der neue Verarbeitungszweck mit dem ursprünglichen Zweck in einem Zusammenhang stehen.

Von einem berechtigten Interesse an der Datenübermittlung an eine Auskunftei kann bei Inkassounternehmen ausgegangen werden, wenn ein Anlass besteht, Dritte über die negativen Zahlungserfahrungen mit betroffenen Personen zu informieren, um diese Dritten vor Zahlungsstörungen zu bewahren. Dabei muss der Anlass auf gesicherten Tatsachen beruhen. Rein subjektive Einschätzungen genügen also nicht.

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hat sich in einem Beschluss vom 23 . März 2018 auf fünf alternative Fallgruppen verständigt, die im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f in Verbindung mit Art. 6 Abs. 4 DSGVO eine Indizwirkung für die Zulässigkeit einer Einmeldung bei einer Auskunftei entfalten können:

  • Die Forderung ist durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden oder es liegt ein Schuldtitel nach § 794 der Zivilprozessordnung (ZPO) vor.

  • Die Forderung ist nach § 178 der Insolvenzordnung (InsO) festgestellt und nicht von den Schuldner:innen im Prüfungstermin bestritten worden.

  • Die Betroffenen haben die Forderung ausdrücklich anerkannt.

  • Die Betroffenen sind nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden, die erste Mahnung liegt mindestens vier Wochen zurück, die Betroffenen sind zuvor – jedoch frühestens bei der ersten Mahnung – über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden und die Betroffenen haben die Forderung nicht bestritten.

  • Das der Forderung zugrunde liegende Vertragsverhältnis kann aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden, und die Betroffenen sind zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden.

Die betroffenen Personen müssen zudem vorab durch das Inkassounternehmen über die Möglichkeit der Einmeldung bei einer Wirtschaftsauskunftei unterrichtet worden sein, da diese nur erfolgen darf, soweit die betroffenen Personen zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, vernünftigerweise absehen können, dass eine Verarbeitung für diesen Zweck möglicherweise erfolgen wird. Für die inhaltliche Richtigkeit der Einmeldungen und für das Vorliegen der Übermittlungsvoraussetzungen ist das Inkassounternehmen als übermittelnde Stelle verantwortlich.

Soweit die Datenübermittlung unzulässig war oder sich nachträglich als unzulässig erweist, haben betroffene Personen Ansprüche auf Berichtigung, Löschung und gegebenenfalls Schadensersatz. Das Inkassounternehmen ist in solchen Fällen außerdem verpflichtet, die Auskunfteien, denen die Daten übermittelt wurden, zu benachrichtigen, um eine Korrektur bzw. Löschung der bei den Auskunfteien gespeicherten Daten herbeizuführen.

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